Kirchheim an der Weinstraße – Das klavierbegleitete Kunstlied zählt zu den faszinierendsten Gattungen der Musikgeschichte. In diesem Bewusstsein widmet sich der Kirchheimer Konzertwinter beim Eröffnungskonzert in seiner Sommeredition 2023 erneut dieser bedeutenden und facettenreichen Kunstform.
Programmiert ist zum Saisonauftakt eine lupenreine Schubertiade als Liedrezital am Sonntag, 21. Mai 2023, um 17:00 Uhr, in der St.Andreas-Kirche in Kirchheim. Unter dem Titel „…die Sehnsucht – kennt ihr sie?“ kommen ausschließlich Werke von Franz Schubert, demherausragenden Vertreter der Romantik, zur Aufführung, darunter auch seine drei Schwanengesänge. Zwei tragen den Titel original von Schubert und sind früh komponiert, der dritte, im Todesjahr des Komponisten entstandene wurde von Schuberts Verleger postum als Schwanengesang benannt und als „die letzten Blüten seiner Kraft“ umschrieben.
Der Begriff Schwanengesang beinhaltet nach einem antiken Mythos das letzte Lied eines Schwanes vor seinem Tode, das er noch einmal mit trauriger, jedoch wunderschöner Stimme in unübertroffener Weise von sich hören lässt. Im übertragenen Sinne bezeichnet er seit dem 16.Jahrhundert auch das letzte Werk eines Dichters oder Komponisten.
Schuberts später Schwanengesang ist indes wohl keineswegs ein Abschiedswerk des Liedkomponisten in Vorausahnung seines frühen Todes. Vielmehr ist es eine eher zufällig entstandene Zusammenstellung des Verlegers Tobias Haslinger, bei der es letztlich auch darum ging, nach seinem Tode die 14 einzeln überlieferten Lieder wirkungsvoll als Ganzes zu vermarkten. Die ungewöhnliche Zusammenstellung der Lieder, unterschiedlichsten Themen wie Tod, Schmerz, Verzweiflung, Liebe, Glück, Schönheit u.a. gewidmet und von verschiedenen Poeten ersonnen, spiegelt die gesamte Schubertsche Liedkunst wider und macht diese vielschichtige Kompilation zugleich ungemein spannungsreich.
In dem heutigen Programm erklingen alle drei Schwanengesänge, D 318 (Kosegarten), D 744(Senn) und D 957 (Rellstab & Heine), teilweise in der nicht auf Schubert zurückgehenden Reihenfolge des Verlegers geändert und um weitere Lieder aus Schuberts Feder sinnfällig ergänzt. Während die Rellstab-Lieder inhaltlich sich kompositorisch eher in vertrauten Bahnen bewegen, sind die Heine-Lieder das Modernste, was Schubert je geschrieben hat, dabei von einer bis dahin unerhörten Kühnheit und Expressivität, pure Sprengkraft jeglicher Konventionen – sie sind kein Abgesang, sondern ein Aufbruch zu neuen Ufern.
Bei dem Liedrezital werden zwei herausragende Künstler auftreten, die dem Publikum der Konzertreihe bestens vertraut sind, der enorm wandlungsfähige und dem Kunstlied besonders zugeneigte Bassbariton Dominik Wörner sowie der renommierte Liedpianist Michael Gees, der es versteht, nicht nur subtil zu begleiten, sondern zugleich auch wunderbar akzentuiert mitzugestalten.
Dominik Wörners besondere Leidenschaft gilt der Pflege der Liedkunst. Seine überaus kultivierte und herrlich warm timbrierte Stimme und sein großer Stimmumfang beeindrucken zutiefst. Der weltweit gefragte Künstler hat eine breite Ausbildung erfahren (Kirchenmusik B &A, Musikwissenschaft, Cembalo, Orgel, Gesang). Prägende Gesangslehrer waren Jakob Stämpfli und Carol Meyer-Brütting. Mit dem Gewinn des 1.Preises beim renommierten Bachwettbewerb in Leipzig 2002 begründete er eine internationale Karriere, die ihn in die wichtigsten Konzertsäle der Welt führte. Eine enge Zusammenarbeit verbindet ihn mit dem Bach Collegium Japan und Masaaki Suzuki.
Michael Gees, einer Musikerfamilie entstammend, entdeckte schon mit drei Jahren das Klavier für sich. Neunjährig wurde er bereits Stipendiat des Salzburger Mozarteums. Als Jugendlicher studierte er an den Hochschulen in Wien und Detmold, verließ jedoch mit 15 Jahren Elternhaus, Schule, Hochschule und Konzertpodium und hielt sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser. 1974 ergab sich eher zufällig die Möglichkeit eines Klavier- und Kompositionsstudiums an der Musikhochschule Hannover. Seit 1980 arbeitet er als freischaffender Pianist und Komponist. 1989 gründete er forum kunstvereint e.V., das in das 2001 in Gelsenkirchen eröffnete Consol Theater aufgegangen ist. Hier werden Menschen ermutigt, eigene künstlerische Impulse zu verwirklichen. Seit 2009 lehrt er vokale und instrumentale Improvisation und Liederfindung an der HfMT Köln.
Der Eintritt zu dem außergewöhnlichen Konzert ist frei – am Ausgang wird um Spenden gebeten.
Quelle: Freundeskreis für Kirchenmusik e.V.