Speyer – Die jungen Frauen des Vokalensembles Sjaella aus Leipzig sind auf dem besten Weg zu einer internationalen Karriere. Am 10. März gestalten sie das Eröffnungskonzert der „Speyer Resonanzen“ in der prachtvollen Dreifaltigkeitskirche.
Vier Tage später geben sie – zusammen mit der preisgekrönten mexikanischen Sängerin Magos Herrera – ein Konzert im Hauptquartier der UN in New York. Im Juli stehen sie mit mehreren Konzerten auf dem Programm des renommierten „Festival of Voices“ in Australien. Im August gastieren sie beim Festival Oude Muziek in Utrecht. Und für 2024 planen sie ein ganz besonderes Projekt mit Mario Schröder, dem Ballettdirektor der Leipziger Oper.
Ihr Auftaktkonzert in Speyer nennen sie „Welteinklang“.
„Für mich ist dieser Name wohlklingend und spiegelt im Grunde das wider, was wir in diesem Konzert machen: Wir machen die Musik, die uns mit der Welt und mit uns selbst in Einklang bringt. Jedes Stück ist ein Unikat, welches uns am Herzen liegt und womit wir etwas vermitteln wollen, sei es eine versöhnliche Geste, ein außergewöhnlicher Klang oder auch ein besonders starker Text“,
erzählt Helene Erben, Mitbegründerin und Altistin des Ensembles.
Ursprünglich hatten sich die sechs Sächsinnen „Chickpeas“ genannt, „Kichererbsen“. Das war im Mai 2005. Als sie bei der „Nacht der Chöre“ in der Leipziger Peterskirche ihren ersten Auftritt hatten, waren Helene Erben , ihre Schwester Felicitas (Alt), Franziska Eberhardt (Sopran) und Marie Charlotte Seidel (Mezzo) sowie Marie Fenske und Viola Blache (beide Sopran) noch im Teenageralter. Später nannten sie sich Sjaella.
„Das war unserer Liebe zu Skandinavien geschuldet“,
sagt Helene Erben. Sjael ist das schwedische Wort für Seele.
„Das haben wir noch um die Silbe la ergänzt, wegen des besseren Klangs.“
Als von Januar 2017 an Helenes Schwester Felicitas wegen ihres Studiums zwei Jahre pausieren musste, wurde diese von Alt-Sängerin Luise Klose vertreten. Seit 2019, nach Felicitas Rückkehr, sind Sjaella zu siebt, wenngleich ihre Standardbesetzung bei Konzerten immer das Sextett bleibt. In Speyer sind Helene und Felicitas die Alt-Stimmen.
Uraufführung von „A Girl“ by Sjaella
Als Helene Erben vor ein paar Tagen erfuhr, dass Speyer weltweit die einzige Stadt mit einem christlichen (dem Dom) und einem jüdischen (die SchUM-Stätten) UNESCO-Weltkulturebe ist, haben die Sjaella-Damen kurzfristig ihr Programm um eine eigene Uraufführung erweitert, um das Lied „A Girl“.
„Das ist ein wunderschönes Stück und sehr vielseitig interpretierbar. Gewidmet ist es der Holocaust-Überlebenden Clara Knopfler. Es erzählt mit seinem jiddischen Text vom Heimkommen eines Mädchens nach der Arbeit. Sie klopft an die Tür des Hauses ihrer Mutter und ist nun froh, endlich wieder heimgekommen zu sein.“
Geschrieben hat das Lied der legendäre US-Komponist David Lang, Pulitzer-Preisträger für Musik 2008 und Grammy-Gewinner von 2010.
„David Lang hat das Lied 2017 komponiert. Es wurde aber bisher nur selten aufgeführt. Und Aufnahmen existieren von À Girl` überhaupt noch keine. Das wollen wir aber bald ändern“,
kündigt Helene Erben an.
„Welteinklang“, so die Sängerinnen, vereine musikalisch bewegende und zeitlose Themen wie Frieden, die Wunder der Natur oder die Liebe. Neuvertonungen geistlicher Texte, Gebete und Hymnen leiten den ersten Konzertteil ein. Es beginnt mit „O Christe, flos convállium“, einem mittelalterlichen Hymnus, neu interpretiert von Enrico Correggia. Es folgt „Northern Lights“ von Ola Gjeilo nach der Textvorlage aus dem Hohelied Salomos. Das anschließende Lied „Peace in our Time“ ist einem Zitat von Martin Luther King entnommen. Die Musik stammt von Fedrik Sixten. Von dem gebürtigen Esten Arvo Pärt, einem der bedeutendsten lebenden Komponisten Neuer Musik, stammt das Lied „Peace upon you, Jerusalem“. Der Text ist dem Psalm 122 entnommen. Für Speyer, neben Mainz und Worms, die „SchUM-Jerusalems des Mittelalters am Rhein“, ein überaus passender Konzertbeitrag. Wie auch die nachfolgende Sjaella-Uraufführung von „A Girl“.
Mit den allegorischen Darstellungen der Geister der Nacht aus Henry Purcells Semi-Oper „The Fairy Queen“ endet der erste Konzertteil. Sjaella hat Purcells Musik neu mit zeitgenössischen und auch barocken Elementen bearbeitet. In der spätbarocken Dreifaltigkeitskirche dürfte diese Musik bestens zur Geltung kommen.
Der zweite Teil von Sjaellas Konzert-Premiere widmet sich schwerpunktmäßig den Volksweisen aus dem Norden Europas. „Stars“ von Eriks Esenvalds ist ein zeitgenössisches Stück. Als erstes Volkslied folgt „Huldra“ aus Norwegen, das von Havard Gravdal arrangiert wurde. Danach stehen die irischen Volkslieder „Our Wedding Day“ (arrangiert von Franziska Eberhardt) und „Cúnnla“ (arrangiert von Michael McGlynn) auf dem Programm. Den Ausklang des Speyerer Premieren-Konzerts bilden das deutsche Volkslied „Jägermix“ (arrangiert von Michael Eimann) und das Volkslied „Kuulin äänen“ (arrangiert von Laura Jekabsone), wieder ein Lied aus dem hohen Norden, aus Finnland.
Kultur, Toleranz und Lebenslust hat sich Speyer auf seine Fahnen geschrieben. Sjaellas Konzert-Premiere in der UNESCO-Stadt ist darauf die passende, musikalische Antwort.
Weiteres Konzert in der Dreifaltigkeitskirche im Rahmen von „Speyer Resonanzen“: das Konzert „Closer to Paradise“ mit dem Countertenor Valer Sabadus und „Spark – die klassische Band“ am 22. März. Dieses Konzert, wie auch das von Sjaella, beginnt um 19.30 Uhr. Karten gibt es für beide Konzerte für 25,-€ pro Person (ermäßigt: 18.00 €) bei der Tourist-Information Speyer, unter www.reservix.de und bei allen Reservix-Vorverkaufsstellen. Veranstalter von „Speyer Resonanzen“ ist das Kulturbüro der Stadt Speyer. Informationen zum Gesamtprogramm finden sich unter www.speyer.de.
Quelle: gika-press Giesbert Karnebogen