Mainz / Bad Bergzabern – Die „Bergzaberner Republik“ ist vom Landtag Rheinland-Pfalz als „Ort der rheinland-pfälzischen Demokratiegeschichte“ ausgezeichnet worden. Landtagspräsident Hendrik Hering ging bei einer Festveranstaltung in der Schlosshalle in Bad Bergzabern auf die Ursprünge und Bedeutung einer dieser ersten Demokratieversuche auf deutschem Boden ein. Ein bronzenes Redepult kennzeichnet nun als Auszeichnungsobjekt diesen besonderen Demokratieort in Rheinland-Pfalz. 

Die Auszeichnung „Ort der rheinland-pfälzischen Demokratiegeschichte“ wird vom Landtag Rheinland-Pfalz zweimal jährlich verliehen. Dabei werden zentrale Orte der Demokratiegeschichte des Bundeslandes ausgezeichnet. Zuerst war im Frühjahr 2024 die Mainzer Republik an der Reihe. 

Hendrik Hering (Foto: Landtag Rheinland-Pfalz)
Hendrik Hering (Foto: Landtag Rheinland-Pfalz)

„Wahrscheinlich nennen sich nirgendwo anders in Deutschland die Menschen länger schon „Bürger“ als es in Bergzabern der Fall ist. Denn Bürgerin und Bürger zu sein – als bewusste Abgrenzung zum unmündigen Untertan – das forderten und erkämpften in Berzgabern und dem Umland die Menschen bereits 1792/93. Eines der frühsten Demokratieexperimente in Deutschland – die Bergzaberner Republik – die wir heute auszeichnen wollen, fand hier in der Pfalz statt. Fernab von großen Metropolen, dafür aber aus eigener Kraft. Doch trotz dieser Vorreiterrolle gehört die Bergzaberner Republik – bundesweit betrachtet – noch zu den weniger bekannten Demokratieorten“. Er hoffe, dass dieser Demokratieort mit dieser Auszeichnung und Veranstaltungsreihe präsenter werde.

Landtagspräsident Hendrik Hering

Demokratien unter Druck

Zugleich verwies Hendrik Hering darauf, dass die deutsche Demokratiegeschichte keine durchgängige Erfolgsgeschichte gewesen sei, sondern voller Brüche und Widersprüche war. Vor diesem Hintergrund betonte er:

„Wir sind die Freiheiten der Demokratie so sehr gewohnt, dass wir dazu neigen zu vergessen, dass sie keine Selbstverständlichkeiten sind. Aber der globale Blick mahnt uns, denn die Demokratien sind vielerorts auf dem Rückzug oder stehen unter Druck wie auch hierzulande. Die Demokratiegeschichte erinnert uns daran, dass die Freiheit erkämpft und verteidigt werden musste, teilweise im wahrsten Sinne des Wortes.“

Landtagspräsident Hendrik Hering
Kathrin Flory (Foto: Landtag Rheinland-Pfalz)
Kathrin Flory (Foto: Landtag Rheinland-Pfalz)

„1792 traten die Menschen mutig für den Gedanken der Demokratie ein. Unsere heutige Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Wir müssen uns weiter deutlich zu ihr bekennen und können uns an dem Bestreben von vor über 230 Jahren ein Beispiel nehmen. Es freut mich, dass wir nun einen Ort in Bad Bergzabern haben, an dem die Erinnerung an die Bergzaberner Republik gelebt werden kann.“ 

Kathrin Flory, Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Bad Bergzabern

Wichtiger Tag für Bad Bergzabern

„Heute ist ein wichtiger Tag für Bad Bergzabern. Die lange Zeit wenig bekannte Bergzaberner Republik wird gewürdigt. Unsere Vorfahren haben 1792/1793 für Freiheit und Demokratie gekämpft und sind mutig dafür aufgestanden. Sie haben sich von der feudalen Herrschaft befreit und eine Republik ausgerufen. Auch wenn diese Republik nicht lange Bestand hatte, war sie ein erstes Zeugnis für Demokratie in Deutschland. Das bronzene Rednerpult soll uns immer an diese Republik und die Menschen, die dafür kämpften und ihr Leben riskierten, erinnern. Es soll uns stets ermahnen für unsere Demokratie einzustehen. Gerade in der heutigen Zeit, in der es immer mehr antidemokratische und autoritäre Bestrebungen gibt, ist dies besonders wichtig. Demokratie ist kein Selbstläufer. Sie will gehegt und verteidigt werden. Wir, die Bürger von Bad Bergzabern, danken dem rheinland-pfälzischen Landtag für diese Auszeichnung.“

Stadtbürgermeister Hermann Augspurger
Foto: Landtag Rheinland-Pfalz
Foto: Landtag Rheinland-Pfalz

„MrWissen2Go“ erklärt die Bergzaberner Republik

Der Journalist Mirko Drotschmann („MrWissen2Go“) präsentierte im Rahmen der Abendveranstaltung die Geschichte und Stationen der Bergzaberner Republik. In einer anschließenden Podiumsdiskussion debattierten der Direktor der Landeszentrale für Politische Bildung, Bernhard Kukatzki, die Historikerin und Mitarbeiterin des Projekts „SocialMediaHistory“, Mia Berg sowie der Vorsitzende des Historischen Vereins der Pfalz e.V. Bezirksgruppe Bad Bergzabern, Dr. Andreas Imhoff über die Bergzaberner Republik und darüber, wie unsere (Demokratie-)Geschichte zeitgemäß und zielgruppengerecht vermittelt werden kann. 

Durch den Abend führte die Moderatorin und Schauspielerin Claudia Behlendorf.

Kooperationspartner der Veranstaltung ist die Landeszentrale für Politische Bildung Rheinland-Pfalz.

Hintergrund: Die Bergzaberner Republik

Das pfälzische Bad Bergzabern sowie umliegende Gemeinden entschieden im Januar 1793 selbstständig eine eigene kleine Republik gründen und sich vom bisherigen feudalen System lösen zu wollen. Es war einer der ersten Demokratie-Versuche auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands.

Bereits Ende 1792 hatten sich die Menschen in der Region, inspiriert durch die Ideale von Freiheit und Gleichheit, an das Mutterland der Revolution, Frankreich, gewandt und um Aufnahme in die Französische Republik gebeten. Ein Wunsch, der schließlich im März 1793 erfüllt wurde.

Quelle: Landtag Rheinland-Pfalz