Kaiserslautern – Trotz immenser Hindernisse kann die Spielzeit 2022/23 am Pfalztheater Kaiserslautern als Erfolg verbucht werden. Davon konnte sich der Ausschuss für Kunst und Kultur unter Vorsitz von Manfred Geis überzeugen, als das ehemalige Interimsdirektorium seinen Spielzeit-Bericht vorstellte.

Von einem „tollen Beginn mit offenem Haus bei einem zweitägigen Theaterfest mit zahlreichen Besucherinnen und Besuchern“ erzählte die damalige Betriebsdirektorin Tanja Hermann anhand vieler Fotos, die den Rückblick veranschaulichten. Nach einem sehr guten Start der Produktionen in den einzelnen Sparten mit hoher Auslastung habe dann am Morgen des 19. Dezember, als in den Foyers bereits hunderte von Kindern auf „Peterchens Mondfahrt“ warteten, das Unglück seinen Lauf genommen. Eine versehentlich ausgelöste Sprinkleranlage setzte die Haupt-, Unter- und Seitenbühnen sowie die Stimmzimmer des Orchesters, in denen wertvolle Instrumente lagerten, unter Wasser. Dank der sofortigen Umsicht und Tatkraft der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen seien keine Menschen zu Schaden gekommen und die Instrumente gerettet worden. „Wir spielen!“, so die Entscheidung des Bezirkstagsvorsitzenden Theo Wieder, der noch am gleichen Morgen vor Ort war, um sich das Desaster anzuschauen. Nach dem Lockdown in der Coronazeit wollte der Bezirksverband Pfalz seinen Beschäftigten dies nicht wieder antun, wie Wieder erläuterte. Außerdem sei das Theater endlich wieder in der Öffentlichkeit präsent gewesen. Eine Schließung wäre daher nicht zumutbar gewesen und hätte auch große finanzielle Verluste bedeutet.

Nach dem Schrecken habe man, informierte Hermann weiter, parallel zur schnell eingeleiteten Renovierung Ausweichspielstätten gesucht. Viele Produktionen seien, trotz größerer Besetzung und mit abgeänderten Bühnenbildern, auf die Werkstattbühne verlegt worden. Neben Aufführungen in Konzert- und Theatersälen woanders, zum Teil konzertant, sei man auf die Idee gekommen, ein Zirkuszelt zu mieten, für das man – nicht ganz leicht – einen geeigneten Platz am Warmfreibad in Kaiserslautern gefunden habe. Doch schon bald regnete es wochenlang, so dass der unbefestigte Platz während des Aufbaus nicht mehr bespielbar gewesen sei, weshalb er geschottert und die als erste geplante Premiere verschoben werden musste. Hinzu kam, dass noch ein dreiviertelstündiges schweres Gewitter niederprasselte, so dass es durch die Zeltdecke auf die Scheinwerfer tropfte und man Angst hatte, ob das Zelt der Windlast standhält. Doch alles sei gut gegangen. Schließlich konnte das Publikum ins Zelt strömen. Zunächst ins Schauspiel „Licht im Kasten“ und dann in die Donizetti-Oper „Der Liebestrank“, um sich von der besonderen Atmosphäre, der Nähe zu den Ausführenden und der hervorragenden Akustik begeistern zu lassen. Beide Produktionen, die als genialer Regieeinfall kurzerhand im Zirkus spielten – fanden große Resonanz. Man habe gegen die Kälte mit Hilfe von geräuschvollen Gebläsen gekämpft, die nur zeitweise laufen konnten, dann gegen die Hitze im Frühjahr mit Ventilatoren und einer mobilen Klimaanlage. Ein Chorfestival mit zahlreichen Chören habe den fulminanten Schlusspunkt unter die Zeltaufführungen gesetzt. Währenddessen seien die Sanierungsarbeiten im Großen Haus weitergelaufen. Die Stimmzimmer seien komplett entkernt und erneuert und der Bühnenboden entfernt worden. „Es war eine schrecklich schöne Spielzeit“, zog Hermann Resümee.

Daniel Böhm, zusammen mit Daniele Squeo Künstlerischer Direktor während der Interimsspielzeit, knüpfte daran an: „Es war eine Saison der großen Gefühle: der Verzweiflung und des starken Miteinanders.“

Am Schluss sei man einfach stolz gewesen, zu was das Pfalztheater fähig gewesen sei. Aufgabe der damaligen Spielzeit sei es gewesen, nach der Coronazeit wieder das Publikum ins Haus zu holen. So habe man die große Wagner-Oper „Tannhäuser“, die schon in der Coronazeit geplant worden sei, ins Programm genommen, die sehr erfolgreich vor ausverkauften Häusern gespielt worden sei. „Die lustige Witwe“ habe man wegen des Wasserschadens nur einmal im Pfalztheater aufführen können, außerdem noch mal als Gastspiele. „Macbeth“ habe man nur konzertant spielen können. Sehr gut beim Publikum sei „Faust“ angekommen. Die Tanz-Produktion „Beautiful failure“, die in der Spielzeit gänzlich geprobt worden sei, aber aufgrund des Wasserschadens erst in der nächsten Spielzeit zur Premiere kam, habe zwei Nominierungen für den großen Theaterpreis „Faust“ bekommen. Neben der Werkstattbühne habe man das untere und das mittlere Foyer bespielt, was guten Zuspruch gefunden habe. Die Tanzproduktion „Aditú“ – eine Kooperation mit dem Pfalzinstitut für Hören und Kommunikation (PIH) in Frankenthal – sei als Modellprojekt für Inklusion erfolgreich mit Mitgliedern des Tanzensembles und Schülerinnen und Schülern des PIH über die Bühne gegangen. Wegen des Wasserschadens habe man nur auf zwei Produktionen verzichten müssen. Schließlich hätten die Theaterpädagoginnen ein großes Vermittlungsprogramm angeboten. Von den Ausweichspielstätten seien neben der Fruchthalle, dem Stadtmuseum und dem SWR-Studio Kaiserslautern vor allem der Oberlichtsaal des mpk, Museums Pfalzgalerie Kaiserslautern, sehr gut angenommen worden. Auf Gastspiel-Tour habe man in Heilbronn, Worms, Frankenthal, Ludwigshafen, Neustadt und Pirmasens gespielt. Hervorragend sei „Ein Mann seiner Klasse“ nach dem Roman von Christian Baron gelaufen, was auf der Werkstattbühne und als LKW-Produktion verwirklicht worden sei. Das Gewinnerstück des Else-Lasker-Schüler-Preises, „Dinosauriermonologe“ von Ariane Koch, sei erfolgreich uraufgeführt und zu den „Autor:innentagen“ des Deutschen Theaters Berlin eingeladen worden. Böhm gab abschließend den Hinweis, dass das Pfalztheater in den Medien auch überregional präsent gewesen sei.

Als „eine trotz großer Einschränkungen erfolgreiche Spielzeit“ bezeichnete auch Simone Grub, Kaufmännische Direktorin des Pfalztheaters, das Theaterjahr 2022/23. 242 Veranstaltungen, davon 171 auf der Werkstattbühne hätten stattgefunden. Dadurch, dass man auf viele kleine Bühnen habe ausweichen müssen, hätten weniger Besucherinnen und Besucher die Aufführungen sehen können. Die absoluten Besucherzahlen liegen bei knapp 40.000. Die Auslastungsquote für die gesamte Spielzeit beträgt 68,34 Prozent, in den Monaten bis zum Wasserschaden gut 75 Prozent. Manfred Geis dankte dem Interimsdirektorium für sein großes Engagement und seine hohe Flexibilität in dieser schließlich doch „erfolgreichen Spielzeit“.


Quelle: Bezirksverband Pfalz